Grußwort

Schirmherr Markus Ulbig, MdL

Sehr geehrter Herr Dr. Reißmann,

sehr geehrter Herr Ristau,

sehr geehrter Herr Hirsch,

sehr geehrter Herr Gryglewski,

und sehr geehrte Damen und Herren,

 

als der Vorsitzende des Kirchvereins, Herr Dr. Reißmann, im letzten Jahr auf mich zugekommen ist, mir von dem Vorhaben berichtete und die Übernahme der Schirmherrschaft an mich herangetragen hat, habe ich diese sehr gern angenommen. Denn ich habe mich sofort daran erinnert, dass mich auch meine Wege stetig durch die hiesige Nachbarschaft führen und mich mit den Mahnmalen jener dunklen Zeit konfrontieren.

 

An der einen oder anderen Stelle, mal mehr oder weniger bekannt, aber immer wieder, werden wir – eben auch in unserer unmittelbaren Umgebung – an die dunkelsten Stunden der Deutschen Geschichte erinnert! Und genau so soll das auch sein! Denn über die in dieser Form konservierten Erinnerungen bleiben die Verbrechen des Nationalsozialismus uns auch für die Gegenwart und die Zukunft erhalten.

 

Ganz konträr dazu empfinde ich die aktuelle Auseinandersetzung mit dem Holocaust innerhalb unserer Gesellschaft. Vor allem in den letzten Jahren lassen sich zunehmend populistische Tendenzen bemerken, die auf eine Entfremdung zu unseren demokratischen Strukturen und Prozessen schließen lassen. Und mit Entfremdung kann auch Verharmlosung oder gar Relativierung – bis hin zum Vergessen – einhergehen.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

deshalb brauchen wir eine aktive Auseinandersetzung in unserer Gesellschaft und eine aktive Erinnerungskultur! Eine Erinnerungskultur die gedenkt, eine Erinnerungskultur die mahnt, eine Erinnerungskultur die uns als Gesellschaft in der Verantwortung für Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zusammenstehen lässt! Und es muss uns immer wieder deutlich werden, dass die Bundesrepublik Deutschland, wie sie 1949 gegründet wurde, eben das Ergebnis aus den leidvollen Folgen des Nationalsozialismus und des mit diesem unmittelbar in Verbindung stehenden II. Weltkrieges ist!

 

Und meine Damen und Herren, die Bundesrepublik Deutschland ist keine Selbstverständlichkeit! Die Bundesrepublik Deutschland ist – in gewisser Weise – selber ein Mahnmal und hat uns zudem gezeigt, wie nah Licht und Schatten beieinander liegen können. Die ehemaligen Westalliierten haben uns aus einem tiefen Abgrund heraus die Möglichkeit gegeben, für jene dunkle Zeit einzustehen und einen Beitrag dazu zu leisten, dass so etwas nie wieder geschieht! Die Bundesrepublik Deutschland und – nach 1990 – auch der Freistaat Sachsen haben uns das Rüstzeug dafür mit an die Hand gegeben.

„Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. Das deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.“

(Grundgesetz, Artikel I)

Artikel I des Grundgesetzes ist uns allen bekannt. Aber diese Zeilen, so wie sie niedergeschrieben stehen, müssen auch verstanden und in den Zusammenhang gebracht werden. Und dies ist die Aufgabe der gesamten Gesellschaft!

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

auch nach dem II. Weltkrieg gab es und gibt es leider immer wieder auch verschiedene Gruppen in unserer Gesellschaft, die sich, aus unterschiedlichen Gründen, entweder aus Desinteresse gar nicht bzw. nur unzureichend oder – schlimmer noch – bewusst nicht mit dem Nationalsozialsimus und dem Holocaust auseinandergesetzt haben. Bisher waren dies eher Gruppen am Rande unserer Gesellschaft. Und die Gesellschaft als Ganzes und der Staat haben dies nicht hingenommen!

 

Aber auch jetzt dürfen wir es nicht zulassen, dass dies, so vor kurzem – mit der Verbrennung von israelischen Fahnen auch als Symbol des jüdischen Lebens – in Berlin geschehen, hingenommen wird! Denn in unserem Rechtsstaat dürfen wir nicht wegschauen, wenn Minderheiten Ausgrenzung erfahren.

 

Ich bin stolz darauf, dass neben dem Grundgesetz, auch der Freistaat Sachsen eine klare verfassungsrechtliche Richtschnur als Antwort gibt.

 

So besagt der  Artikel 5 der Verfassung des Freistaates Sachsen: (Zitat)

„(1) Dem Volk des Freistaates Sachsen gehören Bürger deutscher, sorbischer und anderer Volkszugehörigkeit an. Das Land erkennt das Recht auf die Heimat an.

 

(2) Das Land gewährleistet und schützt das Recht nationaler und ethnischer Minderheiten deutscher Staatsangehörigkeit auf Bewahrung ihrer Identität sowie auf Pflege ihrer Sprache, Religion, Kultur und Überlieferung.

 

(3) Das Land achtet die Interessen ausländischer Minderheiten, deren Angehörige sich rechtmäßig im Land aufhalten.“

Selbstverständlich können Rechte nur dort beansprucht werden, wo die der anderen dadurch nicht gefährdet sind. Und verfassungsrechtliche Formulierungen reichen auch bei Weitem nicht aus! Sie müssen vor allem auch gelebt werden!

 

Denkmäler, Gedenktage und gesellschaftliche Debatten – auch über Dokumentationen – sind gemeinsam die Pfeiler einer lebendigen Erinnerungskultur. So werden wir erinnert, ermahnt und zu Wachsamkeit angehalten! In Dresden hat sich das Stadtbild ganz unglaublich verändert. Und nur an wenigen Stellen lassen sich die Schrecken vergangener Zeiten ablesen. Zudem wachsen neue Generationen heran, denen auch wir selbst nur noch berichten können. Und genau das müssen wir auch tun!

 

Wir müssen Ihnen vermitteln, dass Frauenkirche, Synagoge und Splittereiche nicht nur zum Stadtbild gehören, sondern als ausdrucksstarke Denkmäler für die Schrecken und Verbrechen jener dunklen Zeit und gleichermaßen für Versöhnung und Neuanfang stehen. Denn sie erinnern uns an die Geschichte und mahnen uns zur Verantwortung!

 

Und auch hier – in unserer Nachbarschaft – gibt es die Denkmäler jener dunklen Zeit. Auch diese müssen wir bewahren. Und am besten gelingt uns das, wenn wir sie in unsere Erinnerungskultur aktiv einbeziehen.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

neben der wieder aktiven – und sich heimisch fühlenden – jüdischen Gemeinde hier in Dresden, sind es Vertreter aus Ihren Reihen, die mit ihrer ehrenamtlichen Arbeit die vorhin zitierten Zeilen mit Leben erfüllen.

 

Dafür gilt nicht nur mein großer Respekt und meine Anerkennung, sondern vor allem auch besonders großer Dank!

 

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!